Akten zur Wiedervereinigung
Die Frage der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat nicht erst seit 1989 die Tätigkeit von Regierungen, Behörden und Parteien in West- und Ostdeutschland geprägt. An dieser Stelle stellen wir Ihnen die wesentlichen Aktenbestände des Bundesarchivs vor, in denen sich zentrale Überlegungen, Diskussionen und Entscheidungen im Vereinigungsprozess spiegeln.
Die Links führen Sie zur Rechercheanwendung invenio des Bundesarchivs, wo Sie vertiefte Informationen zu zahlreichen Einzelvorgängen in ihrem Kontext finden. Aus einigen Beständen liegen auch digitalisierte Unterlagen vor, die über den Button "Zu den Digitalisaten" angesteuert werden können. Da staatliche Unterlagen beim Bundesarchiv im Regelfall einer Schutzfrist von 30 Jahren unterliegen, kann für Benutzungen der jüngeren Akten in den Lesesälen ein Antrag auf Schutzfristverkürzung erforderlich sein.
Aktion Aufruf "Für unser Land"
Am 26. November 1989 veröffentlichten auf einer Pressekonferenz in Berlin 31 überwiegend prominente DDR-Bürger den Aufruf "Für unser Land". Dieser Appell richtete sich an alle Bürger und plädierte für eine Erneuerung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie für den Erhalt der Eigenständigkeit der DDR unter sozialistischen Vorzeichen. Insgesamt wurden im Januar 1990 etwa 1,17 Millionen Zustimmungen und 9.273 Ablehnungen gezählt. Der Appell konnte die starken Strömungen zur deutschen Einheit aber nicht beeinflussen.
Bundesagentur für Arbeit
Als nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung setzt die Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitsmarktpolitische Regelungen um. Der Einfluss der BA auf die neuen Bundesländer erstreckte sich beispielsweise auf Kurzarbeitergeld, ABM, Ausbildung und Lehrstellen sowie ausländische Arbeitnehmer.
Bundeskanzleramt
Seit der Gründung der Bundesrepublik gehören alle deutschlandpolitischen Entscheidungen zur Domäne des Bundeskanzlers. Die Wiedervereinigung ist politisches Ziel aller Bundesregierungen. Neben den Regierungszentralen in Washington und Moskau ist das Bundeskanzleramt in Bonn wichtigstes Koordinierungs- und Entscheidungszentrum des Wiedervereinigungsprozesses. Relevant sind vor allem Akten aus dem Klassifikationspunkt "Auswärtige und Innere Angelegenheiten, Verteidigung" und darunter besonders "Innerdeutsche Beziehungen".
Bundesministerium der Verteidigung, Generalinspekteur und Führungsstab der Streitkräfte
Der Generalinspekteur der Bundeswehr ist der ranghöchste Soldat der Bundeswehr. Er ist militärischer Berater des Bundesministers der Verteidigung und der Bundesregierung. Er ist dem Minister für die Entwicklung und Realisierung der Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung verantwortlich. Er ist Gesamtverantwortlicher für die Bundeswehrplanung im BMVg und militärischer Berater des Ministeriums und der Bundesregierung (vgl. "Blankeneser Erlass" vom 21. März 1970). In diesem Zusammenhang hat er Weisungsrecht gegenüber den Inspekteuren von Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst der Bundeswehr und der Streitkräftebasis. Er ist Vorsitzender des Militärischen Führungsrates.
In diesem Bestand finden sich vielfältige Unterlagen zum Übergang der NVA in die Bundeswehr: rechtliche Grundsatzdokumente genauso wie Informationen zum personellen und rüstungstechnischen Übergang.
Bundesministerium der Verteidigung, Leitung, zentrale Stäbe und zivile Abteilungen
Neben der jedem Ministeramt eigenen politischen Verantwortung hat der Bundesminister der Verteidigung im Frieden die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte (Artikel 65 a und 115 b Grundgesetz). Der Bundesminister der Verteidigung steht außerdem an der Spitze der zivilen Bundeswehrverwaltung einschließlich des Rüstungsbereiches. In seiner Person vereinigen sich die Führung der Streitkräfte und die der Wehrverwaltung des Bundes.
In diesem Bestand finden sich vielfältige Unterlagen zum Übergang der NVA in die Bundeswehr: rechtliche Grundsatzdokumente genauso wie Informationen zum personellen und rüstungstechnischen Übergang.
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
Im Zuge der Wiedervereinigung mussten in der Arbeitsmarktpolitik und in der Sozialversicherung viele bundesdeutsche Regelungen auf die neuen Bundesländer übertragen werden. Der Arbeitsmarkt und die Sozialversicherung gehen fast jeden an. Hier führte das BMAS in Zusammenarbeit mit den DDR-Stellen und Verbänden und Organisationen alte und neue Regelungen zusammen oder erließ neue, die der Bevölkerung unmittelbar zugutekamen. Relevant sind vor allem Akten aus den Hauptgruppen 2 Arbeitsmarktpolitik und 4 Sozialversicherung.
Bundesministerium für Gesundheit
Wie auch die virtuelle Ausstellung zum Thema Gesundheitspolitik in den Wendejahren zeigt, bietet der Bestand Quellen zur gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern seit 1990. Die Unterlagen lassen u.a. den hohen Mittel- und Personaleinsatz erkennen, der aus der Bundesrepublik in die neuen Länder geflossen ist, um das Gesundheitswesen dort zügig auf das westdeutsche Niveau zu heben.
Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen
Das Ministerium wurde 1949 als Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen errichtet mit der Aufgabe "der Vorbereitung aller Maßnahmen, die der Wiederherstellung der deutschen Einheit dienen" (Bundeshaushaltsplan 1949). De facto wurde die deutsch-deutsche Politik in erster Linie vom Bundeskanzleramt bestimmt. Die Unterlagen des Ministeriums spiegeln jedoch die Komplexität des innerdeutschen Verhältnisses zwischen Kaltem Krieg und Entspannungspolitik wider.
Bundesnachrichtendienst
Unter dem Aspekt "Wiedervereinigung" ist besonders der Klassifikationspunkt 6.2.2.1 Politik und Gesellschaft (DDR) relevant. Hier sind Meldungen und Einschätzungen u.a. zur politischen, psychologischen und materiellen Lage der DDR-Bevölkerung enthalten. Auch die dortige Haltung zur Frage der Wiedervereinigung wurde festgehalten.
Bundeswehrkommando Ost
Das nur neun Monate bestehende Bundeswehrkommando Ost wurde am 1. Oktober 1990 als eine zeitlich befristete, teilstreitkraftübergreifend und gemischt besetzte, zentrale höhere Kommandobehörde in Strausberg eingerichtet. Ihr Kommandeur war Generalleutnant Jörg Schönbohm. Ihm waren vom Zeitpunkt der Übernahme der Kommandogewalt durch den Bundesminister der Verteidigung sämtliche Truppenteile, Dienststellen und Einrichtungen der ehemaligen NVA unterstellt.
Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD)
Die DBD wurde 1948 als Interessenvertretung der bäuerlichen Bevölkerung gegründet. Sie sah ihre Aufgabe darin, die Bauern für den Aufbau des Sozialismus zu gewinnen. Sie war im Demokratischen Block und in der Nationalen Front vertreten, bildete eine Fraktion in der Volkskammer und arbeitete in deren Ausschüssen mit. Sie stellte einen Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates und ein weiteres Mitglied für dieses Gremium sowie ein Mitglied des Ministerrats, das zugleich Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats war.
Günther Maleuda, der Vorsitzende der DBD, war vom 13. November 1989 bis März 1990 Präsident der Volkskammer. Bei der Volkskammerwahl am 8. März erreichte die DBD nur 2,18 % der Wählerstimmen. Sie ging am 15. September 1990 in der CDU auf.
Deutsches Verbindungskommando zur Westgruppe der Truppen
Im sogenannten 2+4-Vertrag vom 12. Oktober 1990 trafen die vier Siegermächte und die beiden deutschen Teilstaaten u.a. Entscheidungen über den militärischen Status des Gebietes der ehemaligen DDR und den Verbleib der in ihren Grenzen stationierten sowjetischen Truppen. Daraus ergab sich die rechtliche Grundlage für die Aufstellung des Deutschen Verbindungskommandos zur Westgruppe der Truppen (WGT), das in seiner Anfangszeit kurzfristig auch "Deutsches Verbindungskommando zu den Sowjetischen Streitkräften in Deutschland" genannt wurde. Zunächst in Strausberg stationiert, wurde es im Juni 1991 nach Berlin-Treptow verlegt.
Aufgabe des Verbindungskommandos war es, die Interessen des Bundesministers der Verteidigung gegenüber dem Oberkommando der auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stationierten sowjetischenn Streitkräfte im Hinblick auf deren Abzug wahrzunehmen. Das Verbindungskommando war in seiner Tätigkeit von vorne herein auf die Dauer von vier Jahren beschränkt und wurde mit dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte zum Ende des Jahres 1994 aufgelöst.
Die Unterlagen setzen sich im Wesentlichen zusammen aus dem Registraturgut der Dienststelle sowie aus einer an Umfang geringen, inhaltlich jedoch aufschlussreichen Dokumentation der Tätigkeit des im Verbindungskommando gebildeten und verwalteten (halbamtlichen) "Unterstützungsfonds" für die medizinische Betreuung von Familienangehörigen der sowjetischen Soldaten. Des Weiteren findet sich Überlieferung aus der Verbindungsorganisation der in den neuen Bundesländern eingerichteten Verteidigungsbezirks- und Verteidigungskreiskommandos. Die Überlieferung wird durch Lagekarten, Pläne, Bilder und Videoaufnahmen ergänzt. Der Bestand enthält außerdem umfangreiche Berichte über und Hinweise auf die von der Westgruppe der Truppen verursachten Umweltschäden bzw. Bodenbelastungen.
Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands
Der Forschungsbeirat arbeitete zwischen 1952 und 1975 und sollte u.a. die wirtschaftliche und sozialpolitische Integration beider Teile Deutschlands nach einer Wiedervereinigung vorbereiten. Der Bestand enthält v.a. die Sitzungsprotokolle zahlreicher Ausschüsse und Arbeitsgruppen.
Gesamtdeutsches Institut – Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben
Aufgaben der Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben waren die Sammlung und Auswertung von Informationsmaterial über die DDR, die Festigung und Verbreitung des gesamtdeutschen Gedankens durch Informationsvermittlung sowie die Förderung von Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen. Im Bestand sind insbesondere Berichte zu Flüchtlingsbefragungen enthalten.
Grenzkommando Mitte
Mit dem Ziel einer stärkeren Zentralisierung und Strukturoptimierung erfolgte 1971 eine umfangreiche Umgliederung der Grenztruppen der DDR, die zur Bildung der Grenzkommandos Nord, Süd und Mitte führte. Das Grenzkommando Mitte übernahm dabei die Aufgaben der Stadtkommandantur Berlin mit ihren beiden Grenzbrigaden und war verantwortlich für die Sicherung der Staatsgrenze zu Berlin (West).
In den Unterlagen des Bestandes finden sich zahlreiche Dokumente, die die durch den Fall der Berliner Mauer im November 1989 angestoßenen massiven Umwälzungen im politischen und gesellschaftlichen System der DDR widerspiegeln. Informationen zu Fluchtversuchen und Grenzverletzungen finden sich dort ebenso wie Regelungen zur Umsetzung der neuen Reisebestimmungen, des Grenzverkehrs sowie dem Abbau von Grenzsicherungsanlagen.
Kommando der Grenztruppen
Das Kommando der Grenztruppen wurde im September 1961 aus dem Ministerium des Innern (MdI) ausgegliedert und dem Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR (MfNV) unterstellt. Die Hauptaufgaben bestanden in der militärischen Sicherung der westlichen Außengrenze des Warschauer Pakts in der DDR und in der allgemeinen polizeilichen Grenzsicherung bzw. -überwachung der Staatsgrenze der DDR nach außen wie nach innen.
In den Unterlagen des Bestandes finden sich zahlreiche Dokumente, die die durch den Fall der Berliner Mauer im November 1989 angestoßenen massiven Umwälzungen im politischen und gesellschaftlichen System der DDR widerspiegeln. Informationen zu Fluchtversuchen und Grenzverletzungen finden sich dort ebenso wie Regelungen zur Umsetzung der neuen Reisebestimmungen, des Grenzverkehrs sowie dem Abbau von Grenzsicherungsanlagen.
Ministerium für Nationale Verteidigung der DDR
Das Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) war das zentrale staatliche Organ des Ministerrates der DDR für die Planung, Koordinierung, Organisation und Durchführung der Landesverteidigung. Neben der Führung der Nationalen Volksarmee (NVA) oblag dem MfNV seit 1961 auch die Befehlsgewalt über die Grenztruppen der DDR. Zum 12. April 1990 wurde die Bezeichnung des MfNV in Ministerium für Abrüstung und Verteidigung (MfAV) geändert.
In den Unterlagen des Bestandes finden sich zahlreiche Dokumente, die die durch den Fall der Berliner Mauer im November 1989 angestoßenen massiven Umwälzungen im politischen und gesellschaftlichen System der DDR widerspiegeln. Neben der Umsetzung der neuen Reisebestimmungen, der Regulierung des Grenzverkehrs, dem Abbau von Grenzsicherungsanlagen sind u.a. wesentliche Überlegungen zu einer Militärreform der NVA überliefert, die Themen wie Abrüstung, Bündniszugehörigkeit, die Zukunft Deutschlands und die künftige Rolle der NVA in der neuen internationalen politischen Situation behandeln. Teile des Bestandes sind noch nicht in invenio nachgewiesen und müssen über eine Kartei recherchiert werden.
Ministerium für Regionale und Kommunale Angelegenheiten der DDR
Das Ministerium für Regionale und Kommunale Angelegenheiten der DDR wurde durch Beschluss des Ministerrates vom 18. April 1990 gegründet. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für den Abbau der zentralistischen Staatsorganisation der DDR zu schaffen und föderative Strukturen zu etablieren. Es bereitete Verwaltungs- und Gebietsreformen wie vor allem auch die Bildung von Ländern gemäß der Bund-Länder-Struktur der BRD als Grundbedingung für die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten vor. Am 3. Oktober 1990 wurde das Ministerium von der Gemeinschaftsstelle der Länder für Landes- und Kommunalfragen abgelöst, deren Unterlagen ebenfalls in dem Archivbestand enthalten sind.
Ministerium für Wirtschaft der DDR
Das Ministerium für Wirtschaft der DDR wurde am 13. April 1990 im Zuge der Bildung der Regierung de Maizière und der damit verbundenen Auflösung, Neu- und Umbildung der DDR-Ministerien gegründet. Es übernahm beispielsweise die Aufgaben der erst im Januar 1990 eingerichteten Ministerien für Leichtindustrie, Maschinenbau, Schwerindustrie, Außenwirtschaft sowie des Wirtschaftskomitees, um die vormals weit ausgreifende Wirtschaftsverwaltung zu bündeln. Als für die Wirtschaftspolitik verantwortliches Regierungsorgan sollte das Ministerium für Wirtschaft vor allem den Wandel von der staatlich gelenkten Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft gestalten. Mit dem 3. Oktober 1990 gingen seine Dienstgeschäfte auf das Bundesministerium für Wirtschaft über.
Ministerrat der DDR, Beschluss- und Sitzungsreihe des Plenums des Ministerrates
Der Ministerrat der DDR bildete von Oktober 1949 bis Oktober 1990 die Regierung der DDR. Gemäß der Verfassung war er somit das oberste exekutive Organ des Staates und hatte die Aufgabe, Gesetzentwürfe und Beschlüsse für die Volkskammer vorzubereiten und die von ihr gefassten Beschlüsse umzusetzen. Wegen der in der Verfassung verankerten zentralen Stellung der SED im Staatsgefüge, oblag es ihm von 1960 bis zum November 1989 auch, die Parteibeschlüsse des Politbüros des Zentralkomitees der SED zu legitimieren. Generell wurden durch die Beschlussfassungen in den Sitzungen des Plenums die zu lösenden Aufgaben und Ziele in allen Bereichen der staatlichen Innen- und Außenpolitik benannt und entsprechende Zuständigkeiten sowie die Leitung und Planung der Volkswirtschaft geregelt. Die Beschluss- und Sitzungsreihe des Ministerrates bildet eine wichtige historische Quelle für die Geschichte der DDR, da in dessen Beschlüssen zu fast allen Themen relevante Informationen enthalten sind. Die Beschlüsse des Plenums aus dem Zeitraum November 1989 bis Oktober 1990 spiegeln in besonderer Weise die gesellschaftlichen Veränderungen in der DDR wider, welche die deutsche Wiedervereinigung durch den Beitritt zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 ermöglichten.
Ministerrat der DDR, Teilklassifikation "Regierung Hans Modrow"
Ausgangspunkt für die Deutsche Wiedervereinigung waren die gesellschaftlichen Veränderungen in der DDR, die nach einer Massenflucht von DDR-Bürgern in den Westen und massiven Protesten und Demonstrationen am 7. November 1989 zum Rücktritt des Ministerrates (Regierung Willi Stoph) führten. Hans Modrow, der von der Volkskammer mit der Regierungsneubildung beauftragt wurde, stellte am 18. November eine Allparteienregierung aus Mitgliedern verschiedener Parteien vor. In seiner Regierungserklärung kündigte Modrow einschneidende Reformen bezüglich einer "demokratischen Erneuerung der Gesellschaft" an. Der Führungsanspruch der SED wurde am 1. Dezember 1989 aus der Verfassung gestrichen. Vorgesehene Wirtschafts- und Verwaltungsreformen führten zur Bildung entsprechender Arbeitsgruppen und Komitees sowie zur Zusammenarbeit mit dem Zentralen Runden Tisch (siehe auch den Bestand Zentraler Runder Tisch).
Ministerrat der DDR, Teilklassifikation "Regierung Lothar de Maizière"
Für die Geschichte der Deutschen Wiedervereinigung ist die Aktenüberlieferung der Regierung Lothar de Maizière innerhalb des Bestandes des Ministerrates der DDR von zentraler Bedeutung und besonderem Aussagewert. Nach der Volkskammerwahl am 18. März 1990 wurde am 12. April 1990 eine neue Regierung mit Lothar de Maizière (CDU) als Ministerpräsident gebildet. Diese erstmals frei gewählte und gleichzeitig letzte Regierung der DDR bereitete unter großen Anstrengungen schließlich den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 vor. Die wesentlichen Ergebnisse der Regierungstätigkeit spiegeln sich in den Festlegungsprotokollen zu den 32 Sitzungen des Ministerrates in dieser Amtsperiode wider (siehe den Bestand Ministerrat der DDR, Beschluss- und Sitzungsreihe des Plenums des Ministerrates). Umfangreiche Aktenüberlieferungen liegen darüber hinaus zur Erarbeitung des 1. und 2. Staatsvertrages (Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion sowie Einigungsvertrag) zwischen der DDR und der BRD vor.
National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD)
Die NDPD wurde 1948 als Interessenvertretung für Angehörige der kleinbürgerlich-städtischen Mittelschichten, für Angestellte, Handwerker und Gewerbetreibende und für ehemalige Berufssoldaten und Offiziere gegründet. Ihre Strukturen ähnelten dem Parteiaufbau der SED. Die NDPD war im Demokratischen Block und in der Nationalen Front, bildete eine Fraktion in der Volkskammer und arbeitete in deren Ausschüssen mit. Sie stellte einen Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates und ein weiteres Mitglied für dieses Gremium sowie ein Mitglied des Ministerrats, das zugleich Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats war.
Im Herbst 1989 versuchte sie, ein eigenes Profil zu finden, was ihr jedoch nicht gelang. Bei den Volkskammerwahlen am 8. März 1990 erreichte die NDPD nur 0,39 % der Stimmen und zwei Mandate. Am 28. März 1990 schloss sie sich dem Bund Freier Demokraten an. Dieser vereinigte sich am 11. August 1990 mit der FDP der DDR, der Deutschen Forumpartei und der bundesdeutschen FDP zur gesamtdeutschen FDP.
Parteien, Organisationen, Bewegungen in der Wendezeit
Die Sammlung beinhaltet fast ausschließlich gedruckte Einzeldokumente. v. a. Flugschriften, Wahlargumentationen, Statuten, Programme, politische Analysen, Zeitungsausschnitte, Selbstdarstellungen und Veranstaltungsmaterialien von Parteien, Organisationen, Bewegungen und Verbänden, von Wahl- und Bürgerbündnissen.
Regierungsbevollmächtigter/Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR
Der Regierungsbevollmächtigte bzw. das Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR war ein zentrales staatliches Organ, das auf Initiative des Zentralen Runden Tisches durch einen Beschluss des Ministerrates der DDR vom 8. Februar 1990 gebildet wurde. Ab dem 16. Mai 1990 war es dem Minister des Innern unterstellt. Seine zentrale Aufgabe bestand darin, das Amt für Nationale Sicherheit der DDR (AfNS) als Nachfolgebehörde des vorherigen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) abzuwickeln. Der Bestand enthält u.a. Protokolle, Schriftwechsel, Beschlüsse, Eingaben sowie die Zusammenarbeit mit dem Zentralen Runden Tisch und den Bürgerkomitees in den Bezirken. Nach der Wiedervereinigung wurden die Amtsgeschäfte des Komitees der neu gebildeten Behörde des Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) übertragen.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Büro Egon Krenz im Zentralkomitee
Das Archivgut gibt insbesondere Einblick in seine Tätigkeit als Mitglied des Politbüros und Sekretariats des Zentralkomitees der SED und als Abgeordneter der Volkskammer, Mitglied des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Einschätzungen, Informationen, Mitteilungen enthalten Aussagen zur Wirtschafts-, Sicherheits-, Militär-, Medien- und Kulturpolitik, zu Staats- und Rechtsfragen sowie internationalen Kontakten der der DDR und SED. Als Nachfolger Erich Honeckers trug er bis zu seinem Rücktritt als Generalsekretär am 3. Dezember bzw. als Staatsratsvorsitzender am 6. Dezember 1989 große politische Verantwortung. Die Unterlagen geben auch Auskunft über den Niedergang der DDR und das Ende der SED bis Dezember 1989.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Parteitage
Der Parteitag war das höchste gewählte Organ der SED und beriet über Grundsatzdokumente wie das Parteiprogramm und das Statut, formulierte Grundsätze der Innen- und Außenpolitik der SED und legte mittelfristige ökonomische Zielstellungen fest. Seine Entscheidungen und Festlegungen waren für alle Organisationseinheiten der SED und deren Parteimitglieder bindend. Überliefert sind u.a. Dokumente über die Vorbereitung, stenografische Niederschriften, Parteiprogramme und -statuten, Grußadressen und Verpflichtungserklärungen. Die Unterlagen des Außerordentlichen Parteitages der SED/PDS (8./9. und 16./17. Dezember 1989) spiegeln die gesellschaftliche Krise in der DDR und die Auflösungserscheinungen in der SED wider.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Protokolle des Politbüros des Zentralkomitees
Das Politbüro war das höchste Machtorgan der DDR. Es tagte in der Regel wöchentlich. Seine Beschlüsse waren für alle Bereiche bindend. Sie betrafen u. a. die Tätigkeit der SED, des Staatsapparates, der Blockparteien, gesellschaftlicher Organisationen, kommunalpolitischer Institutionen, die Außen-, Frauen-, Gesundheits-, Kirchen-, Sicherheits-, Sozial-, Sport-, West-, Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik wie auch Personalentscheidungen. Der Bestand enthält Reinschriften-und Arbeitsprotokolle (Beschlussprotokolle) mit Vor- und Anlagen, Informationen und Beschlussauszüge.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Protokolle des Sekretariats des Zentralkomitees
Das Sekretariat des ZK fungierte als Verbindungsglied zwischen Politbüro und Abteilungsleitern des ZK-Apparates. Es regelte die Leitung und Organisation der täglichen Arbeit des Parteiapparates, kontrollierte nachgeordnete Gremien und Strukturteile und entschied über die Besetzung leitender Funktionen im Staats-, Wirtschafts- und Parteiapparat. Die Sitzungen fanden in unterschiedlichen Abständen statt. Der Bestand enthält Reinschriften-und Arbeitsprotokolle (Beschlussprotokolle) mit Vor- und Anlagen, Informationen und Beschlussauszüge.
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), Tagungen des Zentralkomitees
Das Zentralkomitee bzw. sein Vorgänger der Parteivorstand (1946: 80 Mitglieder, 1986: 165 Mitglieder und 57 Kandidaten) war zwischen den Parteitagen das höchste Gremium der SED. Es wurde von den Delegierten des Parteitages gewählt und leitete die politische Tätigkeit. Es informierte die Parteiorganisationen über seine Arbeit und fasste Beschlüsse, die für alle Parteiorgane bindend waren. Aus seiner Mitte wurden die Vertreter der Partei in die höchsten leitenden Organe gewählt. Nach Gründung der SED tagte es normalerweise einmal monatlich, später fand einmal im Quartal, ab 1978 nur noch halbjährlich eine Tagung statt. Das Zentralkomitee löste sich am 3. Dezember 1989 auf.
Es liegen stenografische Niederschriften, Beschlussprotokolle, Beschlussauszüge, parteiinterne Veröffentlichungen (rote Protokolle) und Lesematerialien vor. Zu den verschiedensten Fragen der Innen- und Außenpolitik einschließlich der Wirtschafts- und Militärpolitik der SED finden sich Informationen.
Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Deutschen Demokratischen Republik
Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin nahm am 2. Mai 1974 ihre Arbeit auf. Ihre Aufgabe bestand u.a. darin, "die Interessen des Entsendestaates im Gastland zu vertreten, einschließlich Hilfe und Beistand für Personen". In den mehr als 75.000 überlieferten Einzelfallakten des Bestandes, insbesondere in den Anträgen auf Ausreisegenehmigungen, spiegeln sich menschliche Schicksale aus 25 Jahren innerdeutscher Geschichte.
Volkskammer der DDR, Gesamtbestand
Die Volkskammer der DDR bestand vom 7. Oktober 1949 bis zum 2. Oktober 1990 und war als die oberste Volksvertretung ein Verfassungsorgan der DDR. Ihr oblagen die Gesetzgebung sowie die Wahl des Vorsitzenden und der Mitglieder des Staatsrates und des Ministerrates, des Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates, des Präsidenten und der Richter des Obersten Gerichts sowie des Generalstaatsanwalts. Für zahlreiche Sachthemen bildete die Volkskammer Ausschüsse. Der Bestand enthält u.a. die Plenartagungen der Volkskammer von 1949 bis 1990 und die Protokolle der Ausschusssitzungen. Auch Akten des Deutschen Volksrates von 1948 bis 1949 sind in dem Bestand vorhanden. Die Überlieferung der ersten frei gewählten Volkskammer, der 10. Wahlperiode, liegt auch in digitalisierter Form vor.
Volkskammer der DDR, Teil 2: 10. Wahlperiode (1990)
Mit der am 18. März 1990 erstmals frei gewählten Volkskammer erhielt die DDR ein demokratisches Parlament. An der Wahl hatten sich auch die in der Wendezeit neu gegründeten Parteien und weitere politische Vereinigungen beteiligt. Die meisten Abgeordneten wurden zum ersten Mal in die Volkskammer gewählt. Als Präsidentin fungierte die Ärztin Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU). Am 2. Oktober 1990 fand die letzte Tagung der Volkskammer statt. Das Parlament schuf mit seiner gesetzgeberischen Arbeit die Voraussetzungen für die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Die Akten der Volkskammer dokumentieren gleichzeitig den demokratischen Umbruch in der DDR und stellen somit eine wertvolle historische Quelle dar.
Wahlbüro der DDR beim Ministerium des Innern
Das Wahlbüro der DDR beim Ministerium des Innern wurde auf der Grundlage des am 20. Februar 1990 durch die 9. Volkskammer verabschiedeten neuen Wahlgesetzes gebildet. Es war ein Organ zur Vorbereitung und Durchführung der Wahlen zur Volkskammer und zu den Kreistagen, Stadtverordneten- und Stadtbezirksversammlungen und Gemeindevertretungen. Seine Auflösung erfolgte im Oktober 1990. Der Archivbestand enthält Wahlgesetze, Beschlüsse der Wahlkommission, Informationen über Wahlkreise, Kandidatenvorschläge und Wahlergebnisse zu den ersten freien Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 und zu den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990. Auch Unterlagen zur Vorbereitung der ersten gesamtdeutschen Wahl des Deutschen Bundestages am 2. Dezember 1990 und zu den Landtagswahlen 1990 sind enthalten.
Zentraler Runder Tisch
Der Zentrale Runde Tisch trat am 7. Dezember 1989 erstmals zusammen und bestand aus Vertretern neuer politischer Gruppierungen und der Kirche. Er übernahm die Funktion einer öffentlichen Kontrollinstanz und forderte von der Volkskammer und der Regierung, an bedeutsamen politischen Entscheidungen beteiligt zu werden. Neben einem Arbeitssekretariat bestand er u.a. aus Arbeitsgruppen zu den folgenden Themen: Wirtschaft; Recht; Ausländerfragen; Sicherheit; Ökologischer Umbau; Bildung, Erziehung, Jugend; Frauenpolitik; Medien; Sozial- und Gesundheitswesen; Neue Verfassung; Neues Wahlgesetz; Parteien- und Vereinigungsgesetz; Soziale Betreuung; Gleichstellung der Geschlechter; Internationale Politik; Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit. Mit der 16. Sitzung am 12. März 1990 wurde der Zentrale Runde Tisch aufgehoben. Insgesamt übte das Gremium großen Einfluss auf die Arbeit der Regierung Modrow aus.